Dominique Rebourgeon
Dominique kann ein männlicher oder weiblicher Vorname, aber auch ein Familienname sein. Vielseitig wie sein eigener Name ist Künstler Dominique Rebourgeon. Maler, Bühnenbildner, Schauspieler, Pianist, Organist, Kampfsportler und mehr, dass alles ist er, aber allem voran ist Dominique eine eindrucksvolle Persönlichkeit mit Herzblut und scharfem Verstand.
Die Bedeutung seines Namens Dominique „dem Herrn zugehörig“ oder „der Hund des Herren“ trifft auf eine gewisse Art und Weise auf ihn zu, wie er mir im Gespräch verrät.
Fast einen Monat lang hat er am Stück im Hexenwasser gezeichnet und gemalt. Hauptsächlich im neuen Erlebnis-Stall „AmVieh“ Theater auf der Stöcklalm. Aber auch schon in den vergangenen Monaten zum Thema Hexe. In einem netten Gespräch an seinem Arbeitsplatz im Stall erzählt er uns wer er ist und wie er ins Hexenwasser kam.
Wenn man Dominique begegnet fährt man das eigene Tempo automatisch ein paar Gänge runter. Er entschleunigt sein Gegenüber durch seine Ausstrahlung und seinen sympathischen französischen Dialekt. Zusätzlich strahlt eine unglaubliche Ruhe und Beständigkeit von ihm aus. Im scharfen Kontrast zu seinem Auftritt aber, arbeitet er teilweise in rasender Geschwindigkeit. Nachdem wir die eindrucksvoll künstlerisch gestalteten Wände, Türen und Fensterscheiben des neuen „AmVieh“ Theaters der Stöcklalm gemeinsam besichtigt haben, frage ich Dominique wer er ist.
Dominique kannst Du uns in ein paar Sätzen erzählen wo Du herkommst und was dich zu dem gemacht hat der Du heute bist?
Nach kurzem Grübeln fängt Dominique ruihig und bedacht an zu erzählen:
Ich bin früh von zu Hause weg. Ich war 14 Jahre alt. Meine Familie war sehr arm, mein Dialekt war schrecklich und ich wusste das ich es in meinem kleinen französischen Provinzdorf nicht glücklich werden könnte. Mit einer Mappe bewaffnet machte ich mich auf den Weg und bewarb mich an der Kunstakademie in Maçon. Dort angekommen und angenommen studierte ich die ersten 2 Jahre bevor ich nach Bourges wechselte und insgesamt nach 4 Jahren ein eigentlich 8-jähriges Studium abschloss. Mit 18 hatte ich Diplom und war ausgebildeter Kunstlehrer, doch ich war leider viel zu jung, um unterrichten zu dürfen.
Eine feste Säule in meinen jungen Jahren war die Musik. Mit 17 nahm ich in Paris erstmals professionellen Musikunterreicht und bezahlte ihn mit dem Verdienst durch Portraits auf den Pariser Straßen. Mit 3 Portraits konnte ich mir eine Unterrichtsstunde leisten.
Später kam ich nach Deutschland. Ich sprach kein Wort deutsch und schaute auch nie in ein Lehrbuch, die Sprache habe ich im Umgang mit Menschen gelernt. Ich studierte in Essen Kirchenmusik und Komposition und schrieb Orgelwerke. Dadurch durfte ich auch im Petersdom in Rom als Konzertorganist aufgetreten. Viel meiner Zeit widmete ich immer der Kampfkunst. Zeitweise glich das Training einer Art von Sucht. So war ich auch Mitgründer der ersten „Taekwondo“ Schulen in Deutschland.
Parallel machte ich Bühnenbilder für das Theater in Lyon und Paris, arbeitete für das Staatstheater in Kassel und war dann 25 Jahre lang am Theater in Konstanz beschäftigt.
Bei all meinen Arbeiten war ich immer selbständig, unabhängig und als freischaffender Künstler tätig.
Du machst unheimlich unterschiedliche Projekte. Welche Art von Kunst machst Du am liebsten?
Jedes meiner Projekte ist für mich von großem Wert. Wichtig ist dass, das Projekt zu mir und meinen Wertvorstellungen passt. Ich mache auch Kompromisse, aber eben keine faulen Kompromisse. Wenn ich etwas anfange, dann muss ich davon überzeugt sein. Meine Kunst ist mystisch, verborgen und dreht sich fast immer um den Menschen.
Wie bist Du zum Hexenwasser gekommen?
In meiner Zeit in Konstanz traf ich Matthias Schenk (Visionär des Hexenwassers/ damals Schüler für Totales Theater) Besser gesagt: eigentlich traf er mich. Er sprach mich an und wir hatten sofort einen Draht zueinander. Wir setzen außergewöhnliche Licht- und Kunstprojekte miteinander in die Tat um und blieben fortan in einer stetig anhaltenden fruchtbaren Verbindung. Immer wieder trafen sich unsere Wege und ich arbeite auch bei der Gründung seines „Zirkus der Sinne“ am Seeufer Konstanz mit. Zuletzt war ich im Schloß Freudenberg mit Bildern und Tafeln zum Geburtstagssinn tätig. Nachdem er mich fragte ob ich als fixes Mitglied in seinem Team arbeiten möchte, sagte ich ihm allerdings ab. Ich bin zwar teamfähig, aber nicht in einem geschlossenen Rahmen. Ich brauche meine Selbständigkeit. Matthias und ich hielten weiterhin Kontakt. Eines Tages erzählte er mir auch vom Hexenwasser und lud mich ein die Initiatoren kennenzulernen. So entstand die Zusammenarbeit. Als wir anfingen über das Thema Kuh zu sprechen sagte Matthias zu mir: „Du musst uns Bilder malen, wie’s die Kühe gemalt hätten, wenn sie malen könnten.“ Das war eine schöne Herausforderung.
Was gefällt Dir am Hexenwasser?
Das Hexenwasser ist nicht klassisch touristisch. Hier erlebt und versteht man Kultur und es werden die Sinne angekurbelt. Es wird Verantwortung übernommen für das was gemacht wird. Das gefällt mir. Eltern haben heute keine Zeit mehr ihren Kindern Geschichten zu erzählen. Im Hexenwasser werden Geschichten erzählt, aber keine erfundenen Märchen, sondern wahre Geschichten. So wie zum Beispiel im Blauen Wunder. Das ist Wahrheit nicht erfunden. Damit kann ich etwas anfangen, sowas spricht mich an.
Du warst nun einen Monat bei uns und hast das neue „AmVieh Theater“ mit viel Liebe zum Detail gestaltet. Wie hast Du Deine Arbeit im Stöcklalm Stall erlebt?
Die künstlerische Gestaltung des Stalls war eine meiner längsten Arbeiten überhaupt. Die Zusammenarbeit mit der Familie Ager von der Stöcklalm und dem Hexenwasser Team hat sehr gut funktioniert. Aber hauptsächlich habe ich ja mit den Kühen zusammengearbeitet. Das war spannend und schön. Im Stall herrscht ein angenehmer Frieden und Ruhe. Die Geräusche der Kühe wirkten auf mich sehr beruhigend, fast meditativ. So gab es zum Beispiel eine Kuh, die jeden Tag beim Wiederkäuen in einem ganz bestimmten Rhythmus mit ihrer Glocke läutete. Wie in einem Tempel. Alle anderen Kühe waren dabei still. Diese besondere Kuh liebte offensichtlich ihr ganz eigenes Kuh-Lied. Es war wunderbar. Während meiner Arbeit höre ich normalerweise keine Musik und führe auch keine Unterhaltungen. 3 Stunden kann ich dann am Stück konzentriert arbeiten. Dann brauche ich eine Pause. Und wenn es gut läuft, kann ich dann noch 2 Blöcke mit 3 Stunden dranhängen.
Hattest Du vorher schon Erfahrung mit Kühen?
Ich habe schon in meiner Kindheit viel Zeit im Stall verbracht. Es gab da bei mir im Dorf einen alten einsamen Mann, bei ihm habe ich Milch geholt und ihm viel bei der Arbeit auf dem Feld geholfen. Er hatte nur eine einzige Kuh. Aber er hatte immer viel zu tun und konnte sehr gut Geschichten erzählen. Eigentlich hat er fast rund um die Uhr immer gearbeitet und alles was er tat hatte einen Sinn. Aber jeden Nachmittag um 5 machte er Pause, dann setzte er sich vor seine große Uhr und wartete bis es 5 Uhr läutete und dann sagte er 5 ist es … und gleich 6. Denn dann, um 6 gab es wieder Arbeit. Als würde er es nicht abwarten können. Das ist mir im Gedächtnis geblieben. Dieser Mann lebte für seine Felder und seine Kuh.
Nun noch eine ganz private Frage. Du lebst mit deiner Frau in einem Klostergebäude. Bist Du gläubig?
Ja, ich lebe in einem ehemaligen Klostergebäude. Die Kirche mit einer schönen Orgel ist aus dem 13. Jahrhundert und in jeder Epoche wurde später das Gebäude erweitert und verlängert. Es ist ein angenehmes Wohnklima. Die Orgel in der Kirche darf ich leider nicht spielen, da ich vor Jahren aus der katholischen Kirche ausgetreten bin. Das hat nichts damit zu tun das ich im Zen Buddhismus erzogen wurde, sondern mit einem für mich unverständlichem Zwischenfall im Umgang mit einem guten Freund. Ob ich gläubig bin?
Ich rechne schon fest mit etwas Höherem.
Danke für diese ehrlichen und tiefgründigen Einblicke in Dein Leben Dominique. Du bist eine große Bereicherung für das Hexenwasser.